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Urteile fällen – nicht aber Bäume

Im Dezember 2021 hatten Bürger und Bürgerinnen Otto pflanzt! informiert, dass an der Straße zwischen Elbenau und Grünewalde nicht angekündigte massive Baumfällungen stattfinden. Otto pflanzt! war sofort vor Ort, dokumentierte das Geschehen und zählte mindestens 180 gefällte Eichen. Auch konnten eindeutige Fraßspuren des vom Aussterben bedrohten und streng geschützten Großkäfers Eichenheldbock festgestellt werden.

Gemeinsam mit Dr. Hans-Joachim Döring, ehemaliger Beauftragter der Evang. Kirche für Umwelt und Entwicklung schrieb Dr. Hartwig Haase von Otto pflanzt! das zuständige Wirtschaftsministerium des Landes, sowie das für Naturschutz zuständige Umweltministerium des Landes Sachsen-Anhalt an. Parallel dazu suchten wir Verbündete bei den Naturschutzverbänden. Der Zusicherung des Wirtschaftsministers unter Sven Schulze (CDU) im Antwortschreiben, dass „es sich um Arbeiten im Rahmen der guten fachlichen Praxis handelt“, konnten wir leider nicht folgen!

Nach vorheriger Begehung des Betriebs- und des Revierleiters sind Gefährdungen der Verkehrssicherheit von 103 Eichen festgestellt worden. Allerdings wurden die Bäume nicht gekennzeichnet und es wurde auch keine Dokumentation angefertigt. Die Prüfung auf zu schützende Artvorkommen – das Vorkommen des Heldbockes in der Hartholzaue wäre zu erwarten gewesen – wurde ohne Beteiligung der Unteren Naturschutzbehörde, sowie wieder ohne Protokoll durchgeführt.

Spuren des Heldbockes
Spuren des Heldbockes

Am 05.04.2022 hatte der Landesfortbetrieb zu einem Ortstermin und zu Erläuterungen eingeladen. Vertreter der Zivilgesellschaft (Otto pflanzt! und Experten der Umweltverbände des BUND und des NABU), ein Baumsachverständiger, ein Entomologe des Landesamtes für Umweltschutz trafen sich mit Vertretern des Landesforstbetriebes Sachsen-Anhalt sowie der Unteren Naturschutzbehörde an dem Ort, an dem über 180 stattliche alte Eichen gefällt und erheblich in das Landschaftsbild und damit die Biosphäre eingegriffen wurde.

Nach langer (zweieinhalbstündiger), sachlicher und intensiver Diskussion, gingen die unterschiedlichen Akteure mit Respekt und mit mehr gegenseitigem Verständnis, aber auch mit weiterhin bestehenden unterschiedlichen Sichtweisen auseinander.

Die Vertreter von Otto pflanzt! und den Umweltverbänden kritisieren weiterhin, dass die über 180 jährigen Eichen vollständig gefällt wurden. Der wertvolle Bestand hätte teilweise erhalten werden können, wenn rechtzeitig und regelmäßig eine Verkehrssicherung vorgenommen worden wäre. Für Menschen gefährliche Bäume hätten gezielt entnommen oder gesichert werden können.

Luftaufnahme Fällungen von etwa 180 Eichen in Elbenau
Luftaufnahme Fällungen von etwa 180 Eichen in Elbenau

Im Dialog vor Ort wurde zudem deutlich, dass die notwenige Kooperation vom Landesforst mit den naturschutzfachlich verantwortlichen Behörden, in dem Fall der Unteren Naturschutzbehörde oder dem Biosphärenreservat Mittlere Elbe leider nicht stattgefunden hat. Der Baumsachverständige Hartmut Beyer kritisierte zudem, dass in diesen hochsensiblen Bereichen auch der vorbereitende und erklärende Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern vermisst wurde.

Ein besonderes Thema war die Erhaltung der Population des streng geschützten Großkäfers Eichenheldbock. Hier sagte der Landesforstbetrieb den Verbleib der Stämme, die Larven in verschiedenen Entwicklungsstadien enthielten, im Waldrandgebiet erfreulicherweise zu. Der Entomologe Dr. Volker Neumann vom Landesamt für Umweltschutz konnte wertvolle Hinweise für den Umgang mit den Habitatbäumen geben, die von der Landesforst dankbar aufgenommen wurden.

In Auswertung des Dialoges sagte die Forst zu, bei zukünftigen Maßnahmen die Untere Naturschutzbehörde prinzipiell zu beteiligen, gemeinschaftlich zu entscheiden und diese Entscheidung auch gemeinsam zu vertreten.

Der Ortstermin wurde von beiden Seiten begrüßt. Wie sich zeigte, ist ein Dialog in komplizierten Fragen von großem Wert. Wären Vertreter der Umweltbehörden früher mit einbezogen worden, hätte der verantwortliche Forstbetreiber über die Eichen ein anderes fachliches Urteil gebildet und viele der Bäume nicht gefällt.

Wir stehen auch zukünftig für den Erhalt von wertvoller Biomasse ein und treten dafür gerne in den Dialog mit den zuständigen Behörden, den Naturverbänden und Experten. Wir hoffen, dass der Austausch zukünftig vor Fällungen erfolgt.

Dieses Beispiel zeigt, dass zivilgesellschaftliches Engagement zur Sensibilisierung beitragen und Prozesse positiv verändern kann!

Wir können nur jeden Bürger und jede Bürgerin dazu aufrufen, sich stärker einzubringen und in den entsprechenden Organisationen mitzuwirken!

Großes Aufgebot im Einsatz für einen großen Käfer (von links): Christian Kunz (BUND Sachsen-Anhalt), Martina Hoffmann (NABU Sachsen-Anhalt), Jens Dedow, Matthias Formella, Thomas Döring (Landesforst), Dr. Hartwig Haase (Otto pflanzt! e. V.), Anna Ehlers, Alexander Blank, Andreas Kriebel (Landesforst), Dr. Volker Neuman (LAU), Hartmut Beyer (Baumsachverständiger), Robert Mayer (Untere Naturschutzbehörde Salzlandkreis)
Foto: Dr. Hans-Joachim Döring (Beauftragter der EKM für Umwelt und Entwicklung i. R.)
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Otto pflanzt!  im Klimabündnis Magdeburg
Gemeinsam wollen wir was bewegen!

Tolle Stimmung vor dem Rathaus: Über 40 Initiativen gründen das Klimabündnis Magdeburg

Mehr als 40 zivilgesellschaftliche Initiativen aus verschiedenen Bereichen haben sich am 15. Juli 2021 um 16:30 Uhr als Klimabündnis Magdeburg zusammengeschlossen. Darunter sind neben Otto pflanzt! e. V. zahlreiche Klimagruppen wie Fridays for Future, Scientists for Future, Oldies for Future und Health for Future, aber auch soziale und kulturelle Initiativen wie Villa Wertvoll, Vitopia, Radkultur und Aktion Agrar vertreten.

Franka Kretschmer, eine der Initiator:innen, äußert sich dazu: „Mit dem Klimabündnis wollen wir eine starke zivilgesellschaftliche Lobby aufbauen, die die Interessen einer zukunftsorientierten Stadtgesellschaft vertritt, die Verantwortlichen bestärkt, dieses Ziel konsequent zu verfolgen und bei der Durchsetzung unterstützt.“

Des Weiteren fordert das Bündnis auch eine Veränderung der strukturellen Bedingungen für eine partizipative, effektive und zielorientierte Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen innerhalb der Verwaltung, z. B. in Form eines Klimadezernats, Klimabeirats oder Klimaausschusses.
Dr. Hartwig Haase erläutert dazu: „Wir fordern eine aktivere Mitbestimmung der Zivilgesellschaft in der Gestaltung und Umsetzung von Klimafragen in der Stadt Magdeburg.“ Bereits regelmäßig stattfindende Gespräche mit dem Umweltamt sind erste Schritte auf dem Weg dorthin.

Klimaschutz ist eine Jahrhundertaufgabe für die gesamte Gesellschaft. Es betrifft generationenübergreifend alle Menschen und lässt sich nicht aufschieben. Insgesamt hat sich in Magdeburg seit dem Stadtratsbeschluss von 2019 noch zu wenig getan. Ein konkreter Plan bis 2035 fehlt. Diesen fordert das Bündnis nun von der Stadt. Denn Kommunen könnten mit Klimaschutzmaßnahmen nicht nur eine bessere Lebensqualität für die Einwohner*innen bieten, sondern dadurch auch die Energiekosten reduziert und der Finanzhaushalt der Stadt langfristig entlastet werden.

Je später gehandelt wird, desto teurer wird es, die negativen Auswirkungen und Probleme, die der Klimawandel mit sich bringt, zu bewältigen. Dazu zählen in Deutschland beispielsweise häufigere Extremwetter und stark steigende Lebensmittelpreise in Folge von Dürre und Wasserknappheit. In Ländern des globalen Südens sind die Auswirkungen noch extremer: Aufgrund von Waldbränden, Hungersnöten und Überschwemmungen müssen Menschen dort ihr Zuhause aufgeben. Auch weltweite Pandemien werden mit Fortschreiten des Klimawandels immer wahrscheinlicher.
Die Stadt Magdeburg muss dringend ihrer Verantwortung gerecht werden und ihren Teil zum Klimaschutz leisten bevor globale, unumkehrbare Klima-Kipppunkte erreicht werden. Das Klimabündnis will einen Beitrag dazu leisten die Stadtverwaltung sowie die Gesellschaft zu sensibilisieren.

Otto pflanzt! will das Bündnis mit einer Sensibilisierung von Bürger*innen und Stadtverwaltung für eine grünere Stadt unterstützen, setzt sich für den Erhalt von Stadtgrün ein und wird vor allem durch Neupflanzungen von Bäumen, Sträuchern und ganzen Biotopen für ein besseres Stadtklima aktiv.

Allgemeine Anfragen zum Bündnis bitte an kontakt@klimabuendnis-magdeburg.de

Webseite: https://klimabuendnis-magdeburg.de/

Gründeten gemeinsam das Klimabündniss Magdeburg: Dr. Hartwig Hasse, Dr. Franka Kretschmer, Benni, Dr. Silke Rühmland, Carla Debbeler (v. l.)
Die Otto pflanzt!-Mitglieder Jule, Hartwig (im Lastenrad) und Felix

Text: Dr. Hartwig Haase
Fotos: Klimabündnis Magdeburg