„Das ist doch einfach cool!“
Ein grauer Herbstnachmittag. Wir laufen über die Elbaue bei Glinde. Zur Orientierung: In der Nähe, auf der anderen Elbseite, liegt irgendwo Pretzien, bekannt durch das Wehr. Wir steigen in eine Senke nahe dem Deich, der von Eichen und Weiden gesäumt ist, wuchert Gras. Und dann stehen da alle paar Meter gut kniehohe Metallgitter.
„Schau mal, hier!“, ruft Marko und bückt sich, rupft welkes Gras aus dem Gitter. „Ein Ahorn, der ist jetzt so vier oder fünf Jahre alt!“ Die Metall-Gitter bestehen aus alten Resten von Doppelstab-Matten, wie man sie von Grundstückszäunen kennt, Marko hat sie zum Schutz vor Verbiss durch Rehe aufgestellt, damit „seine“ Bäume überleben. Wo er keine zur Hand hatte, hat er einen Schutz aus trockenen Ästen aufgebaut. An die zwanzig Bäume stehen hier: Ahorn, Eiche, Hasel- und Walnuss, Kopfweide, Kastanie.
Das Besondere: Jedes dieser Bäumchen hat Marko einst selbst aus einem Samen gezogen, aus Eicheln, Kastanien, Haselnüssen. Ahorn hat er vor der Haustür, die „Nasen“ muss er nur zusammenfegen. „Da kommen oft mehrere Eimer zusammen.“ Die Saat legt er einfach in mittelgroße Töpfe, die Erde holt er aus seinem Garten in Barby. „Im Frühjahr treiben sie dann aus.“
Nach ein bis zwei Jahren sind die Bäumchen dann so groß, dass sie ausgepflanzt werden können. Zum Beispiel hier an der Elbe. „Viele verschenke ich auch an Bekannte, von denen ich weiß, dass man sich gut um sie kümmert“. Zum Geburtstag, zu Weihnachten – und besonders gerne, wenn ein Kind geboren wurde.“
Bäume säen – eine kinderleichte Sache? „Klar!“ sagt der 50-Jährige, „das kann wirklich jedes Kind. Man muss sie nur pflegen, feucht halten – und wenn man sie auspflanzt, immer zusammen mit der Erde aus dem Topf.“
Wie er zu diesem Hobby kam, weiß er gar nicht mehr so genau. Beruflich hat er jedenfalls gar nichts mit Pflanzen zu tun, Marko arbeitet in Magdeburg als Anwalt.
Er überlegt. „Da war vor acht Jahren oder so. „Da hab ich das einfach mal ausprobiert. Bäume pflanzen ist doch einfach cool!“ Wenn Marko im Herbst unterwegs ist, zum Beispiel im Wörlitzer Park, sammelt er Saatgut. Bei Weiden ist es etwas anders. „Das geht nur über Ableger. Die stelle ich etwa zwei Wochen lang in Gläser mit Wasser, bis sie Wurzeln geschlagen haben. Erst dann pflanze ich sie ein.“ Die Töpfe stehen bis zur Auspflanzung im Hof hinter seinem Haus.
Manche davon wachsen auch auf den öffentlichen Flächen in Glinde. Das ist so halboffiziell, aber die Gemeinde hat überhaupt nichts dagegen. „Oft macht der Bürgermeister sogar selbst mit“, sagt Marko.
Auch, wenn Marko im vergangenen Sommer oft hier war um zu wässern – er musste auch lernen, mit Verlusten zu Leben. „Sie müssen irgendwann selbst klarkommen“, sag er. „Etwa die Hälfte schafft es.“
Wir klettern wieder aus der Senke bei Glinde empor. Hier stehen in Reih und Glied etwa meterdicke Eichen, Korbweiden, gepflanzt vermutlich, als der Deich entstand – das muss vor 150 Jahren gewesen sein, als auf der anderen Seite das Pretziener Wehr entstand. Die Bäume schützen den Deich gegen Eisbruch, ihre Wurzeln halten die Erde fest.
Und dann steht da in der Reihe ein Ahornbaum, der Stamm so dick wie ein Schaufelstiel, rund vier Meter hoch. „Schau dir den mal an“, sagt Marko und strahlt. Das war einer meiner ersten – damals, vor acht Jahren …“