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gepflanzte Bäume
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So quicklebendig ist das Totholz!

In einem einzigen Totholzstamm können sich Tausende von Lebewesen tummeln. Nicht nur verschiedene Insekten und deren Larven, Asseln, Würmer und Milben, sondern auch Mikroorganismen, Flechten, Moose und Pilze leben im und vom Totholz. Der Abbau von Cellulose und Lignin geschieht besonders durch Pilze und Mikroorganismen. Diese sondern Enzyme wie beispielsweise Cellulasen ab, mit deren Hilfe Cellulose zersetzt wird.

Es mag ein wenig widersprüchlich klingen, aber totes Holz ist einer der lebendigsten Lebensräume der Natur und spielt eine äußerst wichtige Rolle für die Artenvielfalt. Warum das so ist und wie wir Totholz als Lebensraum zur Verfügung stellen können, erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Die Bausubstanz der Bäume: Eine
Fülle an Energie und Nährstoffen

Lebende Bäume nehmen Wasser, Mineralien und Kohlendioxid (CO2) auf. Das CO2 wird bei der Photosynthese unter Aufnahme von Energie aus Sonnenlicht zu Glucose (Zucker) weiterverarbeitet und in dieser Form für die Bildung von Wachstums- und Stoffwechselprodukten eingesetzt. Durch biochemische Prozesse entstehen auf diese Weise unter anderem die drei wichtigsten Zutaten für den Aufbau von Holz: die Kohlenstoffverbindungen Cellulose, Lignin und Hemicellulose. Diese sorgen für die Zellstruktur, Festigkeit und Elastizität des Holzes. Daneben gibt es noch eine Reihe sogenannter Extraktstoffe. Hierzu zählen Terpentine (Gemische aus Harzen und ätherischen Ölen), Farbstoffe, Wachse, Harze und Fette. Diese Stoffe machen 1 bis 10 % der Holzmasse aus. Auch Kalium, Calcium, Natrium und Eisenoxid findet man im Holz.

Wer profitiert von Totholz und warum?

Totholz als Lebensraum für große und kleine Lebewesen:

Spinnen, Insekten, Reptilien, Amphibien, Vögel und sogar manche Säugetiere wie Igel und Fledermäuse gehören zu den natürlichen Besuchern, die im Totholz einen Unterschlupf finden. Wärmeliebende Arten wie Eidechsen, Blindschleichen und Holzbienen sind besonders an und in totem Holz an warmen, sonnigen Orten zu finden, wohingegen Amphibien (wie zum Beispiel Kröten) feuchtere und kühlere Orte bevorzugen.

Holz besteht aus einer Vielzahl wertvoller Stoffe, wie Zuckerverbindungen, Proteinen, Fetten, Mineralien und Enzymen – Stoffe, die zum Teil nach dem Absterben von Bäumen oder Ästen von anderen Organismen konsumiert werden. Aber nicht nur als Nährstofflieferant, auch als Lebensraum, wird totes Holz gebraucht.
Hornisse beim Nestbau. Hornissen sind eine Wespenart, die durch die Bundesartenschutzverordnung und das Bundesnaturschutzgesetz geschützt ist. Viele Tier- und Pflanzenarten, die auf Totholz angewiesen sind, stehen sogar auf der "Roten Liste", sind also vom Aussterben bedroht.

Totholz zum Bauen

Holz eignet sich prima als Baumaterial – das haben nicht nur wir Menschen herausgefunden: Wespen knabbern an totem Holz, vermengen es mit ihrem Speichel und ordnen es dann an einem geschützten Ort für den Bau ihrer Papier-ähnlichen Nester in einer Wabenstruktur an.

Totholz als Nahrungsquelle

Im Sommer summt, brummt und lebt es am (und im) Totholz, im Winter wird es still, und das Totholz wird zur wichtigen Nahrungsquelle: Wenn an den Bäumen und Sträuchern die Früchte fehlen und nirgends ein Blümchen blüht, dient das Totholz weiterhin als Nährstoffspeicher und bietet neben einer warmen Unterkunft auch genug Nahrung für kleine Lebewesen.

Unterschiedliches Totholz – unterschiedliche Verfallsstufen – unterschiedliche Lebewesen!

Jahrzehnte und sogar Jahrhunderte können vergehen, bis ein Stamm völlig vermodert ist, je nach Holzart und Umweltbedingungen. In diesem Zeitraum durchläuft das Totholz mehrere Stufen des Verfalls: Zuerst besiedeln Insekten das tote Material, fressen daran und bohren Gänge. Dabei entstehen Kot und Bohrmehl, beides kann von anderen Organismen weiter verarbeitet werden.

Irgendwann fangen Pilze und Bakterien an, das Holz zu zersetzen, die Rinde löst sich langsam ab, und das Holz wird instabil. Nun besiedeln andere Insektenarten als anfänglich diesen Lebensraum.

Geht das Totholz dann allmählich in Humus über, besteht es bereits zum Großteil aus dem Kot der bisherigen natürlichen Besucher. Bodenlebewesen wie verschiedene Würmer, Schnecken und Asseln wandern dann in das übrige Substrat und zerkleinern es weiter.

Manche Arten sind derartig spezialisiert, dass sie nur im und am Totholz bestimmter Baumarten und auch nur in einer bestimmten Verfallsstufe vorkommen. Je verschiedenartiger das Angebot an totem Holz ist, desto reicher ist also auch die Artenvielfalt.

Mit den ersten Gängen der Käfer wird gleichzeitig Raum für Pilze und andere Lebewesen geschaffen. Spechte beginnen, nach Insekten zu suchen , klopfen ihre Löcher in das Material und schaffen so wiederum Platz für weitere Besiedelung.
Für Totholz gilt: Je dicker das Holz ist, desto mehr Nahrung gibt es und desto bessere Höhlen lassen sich bauen. Totholzhaufen sollten daher möglichst dicke Stämme und Stücke enthalten ...
... aber auch kleine Äste können zu einem Haufen gestapelt werden und bieten Schutz und Nahrung. So bieten markhaltige Stängel (Schwarzer Holunder, Himbeere, Brombeere, Heckenrose) Nistplätze Insektenarten wie die Maskenbiene oder die Schwarze oder Blaue Keulenhornbiene.
Spechte schlagen ihre Höhlen vorwiegend in aufrechtstehende tote Bäume und benutzen diese als Nist- und Überwinterungsplatz. Verlassene Spechthöhlen werden von anderen Arten genutzt, beispielsweise von Fledermäusen. Da Spechte mehr Höhlen bauen als sie selbst für die Brut und die Überwinterung benötigen, bleiben immer Höhlen für andere Tiere übrig.
Bizarre Formen aus Holz: Was für uns Menschen hübsch anzusehen ist, dient gleichzeitig als Insektenhotel. Übrigens: Zum Thema Insektenhotels und wie diese einfach aus Holz und anderen Materialien hergestellt werden können, hatten wir hier bereits einen Beitrag für Euch veröffentlicht.

Wie stellen wir Totholz als Lebensraum zur Verfügung?

1. Als Haufen

Wer der Natur mit Totholz etwas Gutes tun will, nutzt dafür am besten den eigenen Garten. An einem möglichst geschützten, warmen und sonnigen Ort (für die vielen wärmeliebenden Arten) kann das Totholz in einem lockeren Haufen aufgeschichtet werden. So kann es unmittelbar von verschiedenen Arten als Versteck und Rückzugsort benutzt werden. Das Gleiche gilt übrigens für Laubhaufen: Statt als Laubfeuer verbrannt zu werden, sollte Herbstlaub bestenfalls in einer geschützten Ecke im Garten angehäuft und liegengelassen werden. So kann es auch im Winter Schutz bieten – beispielsweise als Winterschlafquartier für Igel, Kröten und Insekten. Überwintert wird im Totholz entweder unter dem schützenden Geäst, in den Bohrlöchern von Käfern, in Hohlräumen und unter der Rinde.

2. Als aufrechter Stamm

Lange und dicke Baumstämme haben das Potenzial, einen äußerst wertvollen Lebensraum zu bieten. Stellt man einen solchen Stamm aufrecht, kann man nicht nur Vögeln und Insekten einen Rückzugsort bieten, sondern auch Fledermäusen.

3. Als Gestaltungselement:

Holz kann sehr ästhetische Formen annehmen. Warum nicht also Totholz als optisches Highlight im Garten, auf der Terrasse oder auf dem Balkon platzieren? Oder wie wäre es mit einer Begrenzung aus natürlichem Holz als “Raumteiler”im Garten?

4. Als Benjeshecke

Wer Lust auf ein größeres ökologisches Experiment hat, kann sich an den Bau einer Benjeshecke wagen: Hierfür setzt man Holzpfeiler in Reihen in die Erde und schichtet Totholz, Reisig und feste Schnittreste aus dem Garten entlang der Pfeiler. Sackt die Hecke im Laufe der Zeit zusammen, legt man einfach neue Schnittreste und Äste von oben nach. Eine Benjeshecke kann gleichzeitig als Abgrenzung zwischen Beeten oder Grundstücken dienen. Im Optimalfall baut man zwei Reihen, in deren Zwischenraum Platz für Bewuchs ist. Mit der Zeit werden in den Zwischenraum und in die Hecke selbst durch Vögel Samen eingetragen, sodass Stauden und holzige Pflanzen zu wachsen beginnen. Alternativ kann die Hecke mit geeigneten Pflanzen selbst bestückt werden, beispielsweise mit dem schattenliebenden Roten Fingerhut, der Akelei oder der Breitblättrigen Glockenblume.

Der innere Bereich der Benjeshecke auf dem Campus der Hochschule Magdeburg-Stendal. Die Hecke wurde von der Hochschul-AG "Nachhaltigkeit und Umwelt" aufgebaut, die Bepflanzung im Inneren erfolgte zusammen mit Otto pflanzt!

Biochemie und Holzaufbau:

Bilder: