Immer wieder Baumfällungen in Magdeburg. Immer wieder gibt es "gute Gründe". Eine traurige Bilanz

Foto: Hartmut Beyer
Es ist nicht gerade „nice“, Bäume zu pflanzen. Es ist Arbeit. Wichtige Arbeit: Bäume spalten CO2, spenden Sauerstoff, reinigen und kühlen die Luft. Sie bieten Lebensraum für Tiere – und zaubern den Menschen ein Lächeln ins Gesicht. Deshalb pflanzen wir.
Aber noch viel wichtiger ist, dass alte Bäume stehen bleiben. Denn um einen gefällten Baum zu ersetzen müssten 400 neue gepflanzt werden. Keine blinde Schätzung, sondern Forschungs-Ergebnis des Forst-Experten Prof. Dr. Andreas Roloff von der TU Dresden.
Doch für die Stadt Magdeburg scheinen solche Fakten allenfalls „nice“ zu sein. Hier wird gefällt – natürlich nur aus „guten Gründen“ – aber die gibt es wohl immer. Ein paar Beispiele:
– Ottersleben: Aktuell droht 96 meist über 100 Jahre alten Linden im Stadtweg die Fällung. Eine ruhige kleine Wohnstraße, die „grundhaft ausgebaut“ werden soll. Die Bäume müssen weg, um „die Regelbreite realisieren“ zu können. Geplante Ersatzpflanzung: 131 Bäumchen. Magdeburgs bekannter Baum-Gutachter Hartmut Beyer forderte, zumindest einen Teil zu erhalten, indem Saug-Bagger die Wurzeln vorsichtig freilegen, bevor neue Rohre verlegt werden. Aber: Das kostet mehr. (Siehe Volksstimme)
– Cracau: Am Ende der Büchnerstraße fiel bereits eine Reihe von 16 gesunde Linden, einige mit 145 Zentimetern Stammumfang, der Kettensäge zum Opfer, außerdem wurde eine Fläche mit kleineren Bäumen und Büschen gerodet. (Volksstimme)
– Sudenburg: An der Brunnerstraße wurde eine 100-jährige Platane gefällt, was für sehr viel Ärger gesorgt hat. Denn offenbar erhielt der Eigentümer die Fällgenehmigung sehr leichtfertig, obwohl keine hinreichenden Gründe vorlagen. „Uns fehlte die nötige Sensibilität“, gab der Beigeordnete Jörg Rehbaum schließlichb zu, so die Volksstimme.
– In den Jahren 2013 bis 2020 wurden 14.000 Bäume gefällt. Nur 8000 sollten gemäß Auflage nachgepflanzt werden. Über den gesamten Zeitraum wurden gerade mal 940 Nachpflanzungen als vollzogen gemeldet. Ob wenigstens das stimmt, wurde in 602 Fällen kontrolliert. (Quelle: Statistisches Jahrbuch 2021)
Ehrlich erscheint vor diesem Hintergrund, dass die Stadt Magdeburg in diesem und im nächsten Jahr ihren Umweltpreis nicht mehr verleihen will und auch den Preis für das Ehrenamt streicht. Begründung: Zu wenig Geld, zu wenig Personal. Vielleicht ist es auch ganz einfach: zu wenig Motivation.
Die Verantwortung für unser Stadtklima, also für unser eigenes Wohlbefinden, beginnt aber immer bei uns selbst: bei uns im Haushalt, im Garten – und in unserer Stadtverwaltung. Unmweltpreise sind „nice“, Verantwortung ist, eine Sache wirklich ernst zu nehmen. Wer das will, findet Wege …
Otto meint
Wo bleibt der Wille?
Ein Kommentar von Hendrik
Bäume statt Wasseranschluss, Klimaschutz statt Wohlstand – Protest statt Fortschritt?
Von uns ein klares Nein!
Ein klares Nein aber auch zu den ewig-gestrigen Phrasen:
– Das geht nicht!
– Das ist zu teuer!
– Das haben wir immer schon so gemacht!
Es geht um Augenmaß. Um Ideen. Es geht um: Willen! – Dann findet man Wege. Zum Beispiel Bagger, die Baumwurzeln schonen. Oder eine sanftere Planung als eine mit „Regelbreite“, die Fällungen voraussetzt.
Dann findet man Zustimmung, auch für Mehrkosten. Zum Beispiel, weil man in einer von Bäumen beschatteten Straße lieber wohnt – und gesunder. Dieses Wohlbefinden hat einen Mehrwert, für Generationen. Den gibt es eben nicht gratis.
Dann findet man auch Verständnis für Gesetze, die sich seit jeher leicht aushebeln ließen. Etwa das Bundesnaturschutzgesetz, das aus gutem Grund Alleen, wie die im Stadtweg, unter besonderen Schutz stellt.
Man muss halt auch wollen.