Eberesche / Vogelbeerbaum

(botanisch: Sorbus aucuparia)

Eine kleine "Esche", die gar keine Esche ist

Die Eberesche – auch Vogelbeerbaum genannt – ist ein relativ kleiner Baum. Manchmal wächst sie auch als Strauch, das hängt von den Umgebungsbedingungen ab. Der Name „Eberesche“ leitet sich von ihrem früheren Namen „Aberesche“ ab, sozusagen der „falschen Esche“. Denn obwohl man es vermuten könnte, zählt die Eberesche nicht zu den Eschen. Die Gattung Sorbus (der die Eberesche angehört) ist die Gattung der Mehlbeeren, diese gehören zur Familie der Rosengewächse. Eschen hingegen bilden die Gattung Fraxinus und gehören zur Familie der Ölbaumgewächse.

In der Forstwirtschaft wird die Eberesche leider als uninteressant eingestuft und daher vielerorts vernachlässigt.  Aus ökologischer Sicht jedoch ist der Baum äußerst wertvoll – er wurde sogar von der Baum  des Jahres Dr. Silvius Wodarz Stiftung zum „Baum des Jahres“ für das Jahr 1997 gekürt. Diesen Titel erhalten nur Bäume mit besonderer ökologischer Bedeutung.

In diesem Beitrag erklären wir, warum wir dem Gehölz wieder mehr Aufmerksamkeit und gleichzeitig mehr Raum zum Leben geben wollen.

Die gefiederten und gezahnten Blätter der Eberesche erinnern an die der Gewöhnlichen Esche
Die Eberesche: ein hübscher, kleiner, robuster und genügsamer Baum

Ein Pionier im Rampenlicht

Die Eberesche steht gern im Sonnenlicht. Daher findet man sie häufig an Waldrändern, auf Brachflächen und Lichtungen. Sie ist eine typische Pionierpflanze. Das bedeutet, dass sie freie, ungeschützte Flächen schnell und erfolgreich besiedelt. Dann sorgt sie auf verschiedene Weise dafür, dass auch sensiblere Pflanzen sich ansiedeln können: Durch den Abwurf von Blättern, Beeren und Holzresten trägt sie selbst auf nährstoffarmem Boden zum Aufbau der Humusschicht bei. Ihr Wurzelsystem sorgt für Durchlüftung, ein besseres Wasserspeichervermögen und gleichzeitig für eine Stabilisierung des Bodens. Außerdem gehen die Wurzeln Symbiosen mit Pilzen ein, die ebenfalls die Bodenqualität verbessern. Lichtempfindlichere Arten können geschützt im Schatten der robusten Ebereschen gedeihen. Zu guter Letzt wird die Austrocknung des Bodens durch Wind und Sonne abgeschwächt. Nach und nach gesellen sich immer mehr Bäume anderer Arten zu dem Pioniergewächs. Auf lange Sicht entstehen so sogar ganze Wälder!

"Vogelbeeren" und andere Leckereien

Zwischen Mai und Juni blühen die stark duftenden, weißen Blüten, die in Dolden mit 200 bis 300 einzelnen kleinen Blüten angeordnet sind. Sie stellen mäßig viel Nektar und Pollen bereit und sind daher eine gute Nahrungsquelle für verschiedene Insekten. Auch die Blätter des Baumes sind beliebt bei verschiedenen Pflanzenfressern.

Von August bis Oktober trägt die Eberesche ihre kugeligen, kleinen, scharlachroten Früchte, die sogenannten Vogelbeeren. Diese heißen nicht ohne Grund so, denn die Beeren sind eine äußerst gute Nahrungsquelle für verschiedene Vögel wie Amseln, Stare und Seidenschwänze. Ebereschen sind sogenannte „Wintersteher“. Das bedeutet, dass die Früchte selbst im Winter noch an den Bäumen hängen bleiben. Damit bieten sie selbst bei Schnee und Eis weiterhin Nahrung für hungrige Tiere.  Aufgrund ihrer Beliebtheit bei Vögeln wurden die Beeren des „Vogelbeerbaumes“ früher sogar als Lockmittel für den Vogelfang verwendet. Daher leitet sich sogar der lateinische Name (Sorbus aucuparia) der Pflanze ab: „avis capere“ bedeutet „Vögel fangen“. Aber auch Säugetiere wie Bilche (Schlafmäuse wie der Gartenschläfer oder die Haselmaus) und Eichhörnchen fressen die knallig orangenen Beeren. Sogar der Biber interessiert sich für den Baum – sowohl für die Rinde und das Holz als auch die Früchte.

Die Blüten der Eberesche haben je fünf Kelch- und Kronblätter und viele kleine Staubbeutel - das ist typisch für die Familie der Rosengewächse
Die orange-roten „Vogelbeeren“ der Eberesche sind klein, sehr fest und haben eine matte Oberfläche

Essbar oder giftig?

Die Vogelbeeren haben den weit verbreiteten Ruf, für Menschen giftig zu sein. Aber stimmt das?
Zwar enthalten die rohen Beeren Parasorbinsäure, doch müsste man ungefähr das Doppelte des eigenen Körpergewichtes konsumieren, um eine tödliche Dosis zu erhalten. Durch Kochen wird die Parasorbinsäure in die verträgliche Sorbinsäure umgewandelt. Aufgrund ihres hohen Vitamin C-Gehaltes wurden Vogelbeeren sogar einst gegen Skorbut eingesetzt.
Nebenbei enthalten die Beeren Provitamin A, welches im Körper zu Vitamin A umgewandelt wird und dann unter anderem gut für die Funktion der Augen ist.
Im rohen Zustand sind die Beeren ungenießbar, da sie sehr sauer und bitter sind und viele Gerbstoffe enthalten. Genießbar werden sie durch Frost. Auch bei den Vögeln ist die Wirkung der Minusgrade bekannt: Viele der Beeren werden von Vögeln erst nach dem ersten Frost angerührt.

Der bei uns gelegentlich überwinternde Seidenschwanz frisst gern Beeren - unter anderem Vogelbeeren